WappenFCF
Gernot Otto
WM_Ottok

Vor ersten Federstrichen

„Da passierte es in einem der wenigen Fälle, dass sich in Forst die Schwarzen über einen Sieg der Roten freuten“. Als der FC Germania Forst vor zehn Jahren im Jägerhaus sein 90jähriges Bestehen feierte, unterstrich jene Beschreibung eines SPD-Bundespolitikers wohl treffend die ungewöhnliche Art, in welcher Grenzen überschreitenden Manier die Bevölkerung viele überragende sportliche Erfolge des Vereins mit den rot-weißen Farben genossen und vereinnahmt hatte. Und selbst einer, der seine Antennen in Richtung vieler anderen Sportarten ausgefahren hatte, der eigentlich beim Turnverein, dem Lokalkon-

kurrenten der „Germanen“, zunächst mit Turnen und Leichtathletik, dann mit dem Tischtennis groß geworden war, vermochte sich dem Fußball-Geschehen auf dem Platz an der Hambrücker Landstraße nicht zu entziehen. Zumal bei mir, dem Forster Neubürger der 50er Jahre, keine durch Generationen überlieferten, knorrigen Verwachsungen an Erzrivalität innerhalb der örtlichen Vereinslandschaft bestanden.Meine erste Berührung mit den „Germanen“ sowie die Begleitung des 100-jährigen Vereins geschah zunächst von den Stehplätzen aus, danach als Kicker auf etlichen Positionen – bisweilen gar im Trikot der ersten Mannschaft - und vor allem als Schreiberling. Zu jener Zeit, da der FC Germania Forst in der zweiten Hälfte der 60er Jahre in Leistungs-Hochblüte stand, wurden Forsts sportliche Großtaten den oft staunenden Lesern der Bruchsaler Rundschau, des Grünen Sportbericht Stuttgart, des Mannheimer Morgen sowie auch des ASZ Sportblatt in Ludwigshafen präsentiert.

Die beiden Meistertitel 1966 und 1969 in der ersten badischen Amateurliga, der dritthöchsten fußballerischen Leistungsstufe, bedeuteten absolute Höhepunkte schlechthin in Forst – für Spieler, Vereinsfunktionäre, Anhänger und naturgemäß für Vertreter der schreibenden Zunft. Die „Germanen“ erlangten in der regionalen und überregionalen Balltreter-Szene ihren enormen Bekanntheitsgrad weniger durch öffentlichkeitswirksam dargestellten Arbeitsdienst einiger Vereinsfunktionäre nach jener Glanzzeit im und am Sportgelände denn vielmehr durch zahlreiche herausragende sportliche Leistungen der Balltreter.

Die besonders enge Verbindung des Vereins zur Bruchsaler Rundschau besaß in den 60er Jahren einen bestimmten Namen – Wilhelm Blumhofer. Der BNN- Zeitungsbote war hierzulande einfach der „Thälmann“, eingedenk einer Kopfbedeckung, die ihn in den 30er Jahren als Anhänger einer linken Partei ausgewiesen hatte. Um Fairness war er gleichwohl stets bemüht. Und Blumhofer, der die Aufsehen erregenden Forster Partien bis zur Meisterschaft 1966 samt der Aufstiegsrunde zu Papier gebracht hatte, beschämte alle jene Lautsprecher, zugleich aber meist verhinderten Sponsoren, da er das keinesfalls üppige Honorar für beträchtliche Aufwendungen und seine Berichterstattung meist gar noch der Mannschaftskasse zukommen ließ.

  In dessen Fußstapfen trat ein Pennäler, der bis dahin die Anfänge und hernach eine stete Aufwärtsentwicklung des Tischtennissports in Forst miterlebt und beschrieben hatte. Ein Buch mit sieben Siegeln war der Fußball für ihn gleichwohl nicht. Doch vor über vier Jahrzehnten nahmen sich Begleitumstände, auf welch wundersame Weise die meist handgeschriebenen Manuskripte stets pünktlich an Sonntagen um 18.30 Uhr in der Bruchsaler Redaktion eintrafen, bisweilen doch recht abenteuerlich aus. Der Erinnerungswert jener Epoche stieg inzwischen umso mehr, vergleicht man die Entstehung von jenen Erzeugnissen, welche tags darauf dem Leser auf dem Frühstückstisch von glanzvollen Germania-Auftritten kündeten, mit den weitaus größeren Möglichkeiten der modernen Medienwelt. Gibt’s denn heute noch einen Ersatzkeeper, der während des Matches auf der Bank hockt und dort schon den Bericht vom Spiel für die nächste Ausgabe per Hand zu schreiben beginnt? Findet man in der Gegenwart solche Protagonisten einer Kickermannschaft, die gar im Vereinsdress in die Redaktion stürmen, um festgesetzte Schlusszeiten bloß nicht zu verpassen? Zu Zeiten, als Mitschüler im Unterricht eifrig mit Lernübungen vor dem Abitur beschäftigt waren, entstand unter der Schulbank im Bruchsaler Justus-Knecht-Gymnasium so mancher Zeitungsbericht über das Geschehen beim FC Forst.

Die Feder ließ sich – zugegeben - leicht führen, als damals weit bekannte Spieler wie Adolf Luft, Heinz und Roland Firnkes, Heinz Riffel oder die aus dem Kreis Bruchsal verpflichteten Manfred Sauter, Kurt Händel, Stefan Tagscherer, Walter Lanz, Willi Wirth, Werner Knaus oder Siegfried Somnitz ihren Fans und den Schreiberlingen unvergessliche Fußball-Momente bescherten. Ein heuer 100 Jahre alt gewordener Verein wie der FC Germania Forst lebt und zehrt freilich nicht allein von den glänzenden Darbietungen seiner Akteure. Am Rad, das den Jubelverein in Schwung hielt und hält, drehten und drehen viele Hände. Mal wurde dabei - übereifrig – übers Ziel hinaus geschossen. Doch meist war das Wohl des Vereins die bestimmende Triebfeder solchen Handelns. Episoden sowie Geschichten und Geschichtchen gab’s zuhauf, die seinerzeit über Wochen hinweg so manchen Stammtisch in Beschlag genommen, die viel Blut in Wallung gebracht hatten. Mitunter waren die Schmankerl ganz so druckreif nicht. Amüsant jedoch waren sie allemal. Sie künden – in mancherlei Ausprägung - von Verbundenheit der Hauptpersonen mit dem Verein. Und ebenso zeigen etliche Erlebnisse, wonach Leben im und mit dem Verein am Heuweg nicht allein einer puren Meierei gleichzusetzen ist. Ergötzliches bleibt auch dann amüsant und liebenswert, wenn zwischen jenen Episoden einer glanzvollen Germania-Epoche und der Gegenwart inzwischen mehrere Jahrzehnte und kaum zu zählende Kilometer liegen.                 

Gernot Otto

Mit und ohne Schienbeinschützer

Das größte Pfund, mit welchem der FC Germania Forst wucherte, da er sich anschickte, Mitte der 60er Jahre die große badische Amateur-Fußballwelt zu erobern, war dessen fester, sportlich wertvoller Grundstock an Talenten aus den eigenen Reihen. Eine glühende Talentschmiede stand am Heuweg. Und innerhalb dieser Schmiede entfachte seinerzeit vor allem Emil Heß als umtriebiger Jugendleiter großes Feuer. So mancher Jungspund profitierte vom verbalen und aktionsreichen Vorwärtsdrang Heß’. Mit dem damaligen Vorsitzenden Josef Burger, den alle Welt als nicht minder betriebsamen „Poscht-Seppel“ kannte, soll Heß damals in Zwist geraten sein. Gleichwohl setzte sich die Aufwärtsentwicklung der ersten Mannschaft stetig fort. Begonnen hatten damals bereits die im Kreis von der Konkurrenz gewünschten Einlagespiele der Forster. Zu einem „Propangasspiel“ hatte Burger schon mal die Aktiven aufgefordert sich konzentriert bereit zu halten.

Das Zauberwort für viele dem Fußball verbundene Nostalgiker in der Hardtgemeinde heißt „Aufstiegsspiele“. Bevor die „Germanen“ sich 1966 und 1969 anschickten, zweimal laut vernehmlich an die Pforten des bezahlten Fußballs zu pochen, stand zunächst 1963 als Champion der zweiten Amateurliga das Entree in die erste Amateurliga an. Ganze Völkerscharen mobilisierte bereits jene Relegationsrunde, in welcher der Elf von Trainer Cornelius Rastetter zusammen mit SV 98 Schwetzingen der Satz in die Drittklassigkeit gelang – vor FV Mosbach, VfB Eberbach und FC Germania Brötzingen. So sehr die erfrischende Forster Brise in der Offensive damals im Fokus stand: Ein entscheidender Türöffner, der im Odenwald das Spiel seines Lebens produzierte, war Torhüter Otmar Wagner. Er brachte bei brütender Hitze die Gaschler, Gläser & Co. vom FV Mosbach mit unglaublichen Paraden schier zur Verzweiflung. Wer aus dem Gästeanhang nach dem 1:1-Untentschieden den Punkt ausgiebig feiern wollte, ging indessen leer aus: In Mosbach herrschten Verhältnisse wie auf Hawaii. Denn schon zur Halbzeitpause gab’s dort kein Bier mehr.

Die beiden Aufstiegsrunden zur Regionalliga, der zweithöchsten nationalen Kickerklasse, sprengte denn alles bisher Dagewesene in der Forster Fußball-Historie. In nach wie vor lebhafter Erinnerung befindet sich da 1966 der Einzug einer ganzen Schar von Musikern ins Oberkircher Stadion, die Erwin Kritzer mit seiner „Kwetschkommod“ im Gänsemarsch anführte. Drei Jahre später ging ein Sonderzug vom Bruchsaler Bahnhof auf Reisen – zum Match beim VfB Friedrichshafen. Bürgermeister Gregor Umhof hatte die Forster Fans vom Bahnsteig aus verabschiedet. „Es wäre besser, sie spielten ein richtiges Instrument“, beschied eine ältere Musikliebhaberin beim Kurkonzert empört denjenigen Forster Fan, der die klassischen Töne am Bodensee mit einer krächzenden Trompete in Disharmonie versetzt hatte. Und auf den Weg ans Schwäbische Meer hatten sich drei Germania-Anhänger gar im Flugzeug gemacht: Franz Krumpach, Horst „Ackes“ Göbel und Lutz Altmann.

 

„Schlafzimmer-Report aus Forst“ titelte die „Heilbronner Stimme“ einen Beitrag, der 1969 seltene Arbeitsbedingungen von Südfunk-Reporter Klaus Kaiser anlässlich der Forster Heimpartie gegen den VfR Heilbronn beschrieb. Aus dem Schlafzimmer von Clubhaus-Pächterin Elfriede Pfeiffer übertrug Kaiser seinerzeit den Hit, den 6500 Zuschauer verfolgten. Entlang der Hambrücker Landstraße waren etliche Kiesfahrzeuge aufgereiht, auf denen Logenplätze eingerichtet worden waren. Auf der Seite des TV-Platzes hatte man eine Zusatztribüne installiert, wo immerhin annähernd 1300 Besucher zusätzlich Platz fanden. 2:2 endete das Match wie im Vorspiel (1:1) unentschieden. SDR-Mann Kaiser raste während der Reportage von einem Fenster zum anderen, da ihm ein großer Baum vor dem Tor die Sicht verdeckte. Die Entscheidung des Heilbronner Aufstiegs war indessen am Neckar und im Schwarzwald gefallen: Im ersten Duell mit den Unterländern am Neckar versagte der Frankfurter Schiedsrichter der Elf um Kapitän Adolf Luft mindestens einen klaren Elfmeter. Und bei der alles entscheidenden, einzigen 0:1-Niederlage in Waldkirch leistete sich der ansonsten sichere Keeper Gerhard Lehrbaum bei einem Flankenball einen verhängnisvollen Fehlgriff.

Während der Germania-Zeit in der ersten Amateurliga gab’s etliche denkwürdige Auftritte von Kickern, Schiedsrichtern und Schlachtenbummlern. Wer denkt da nicht an den Coup während der Premieren-Saison 1963/64 beim haushohen Favoriten VfR Pforzheim? Bitteres Lehrgeld bezahlt hatte der Aufsteiger aus dem Heuwegstadion bis dahin während seiner ersten Gehversuche in gehobener Gesellschaft. Ausgerechnet bei den „Rasslern“ am Holzhof glückte Forst der erste, letztlich befreiende 1:0-Sieg. Emil Griesold avancierte zum Held im „Germanen“-Kasten. An ihm prallte die ganze verzweifelte Wucht und Wut der Pforzheimer Angreifer um Auswahlspieler Hermann Schickle ab wie an einer Gummiwand. Für kurze Zeit war der „alte Herr“, der bei Weise & Monski in Bruchsal arbeitete, als Toreverhinderer engagiert worden. Auf seine obligatorische Zigarette – auch in der Halbzeitpause – mochte Griesold aber nicht verzichten.

Der Pforzheimer Holzhof war einige Jahre darauf nochmals Schauplatz eines ungewöhnlichen Szenarios. Der damals leitende Schiedsrichter fand nach teilweise haarsträubenden Entscheidungen hierbei nicht eben den allergrößten Wohlgefallen beim Forster Anhang. Irgendwie war der Schlüssel der SR-Kabine in die Hände von Fritz Gehr, damals Vize hinter dem Vorsitzenden Alfons Etzkorn, gelangt. Als das aus Germania-Sicht granatenschlechte Pfeifenmänner-Trio den Heimweg antreten wollte, war indes die Tür verschlossen. Ein Ersatzschlüssel war nicht aufzutreiben. Und so mussten sich die recht beleibten Schwarzkittel in horizontaler Lage oberhalb der Tür ächzend durch einen Lichtschacht zwängen. Eine schweißtreibende Prozedur, die Fritz Gehr voller Schadenfreude verfolgte. Er hatte den Schlüssel zuvor einfach in der Enz versenkt.

Reizfiguren verkörperten für temperamentvolle Forster Schlachtenbummler einige Protagonisten in jener Zeit. Nicht selten nahm vor allem der sehr gestrenge „Block sieben“ im Forster Stadion bestimmte Kicker oder Pfeifenmänner heftig aufs Korn. Nicht eben beste Freunde der Germania-Kickergemeinde schienen damals Schiedsrichter wie der Ege aus Weinheim, der Gehrum aus Schellbronn oder auch der Mehne aus Karlsruhe zu sein. Besonders Theo Ege avancierte häufig zum Buhmann der Forster Hardliner. An der Bergstraße hingegen genoss der bisweilen als „Skandal-Schiedsrichter“ gegeißelte Unparteiische einigermaßen hohes Ansehen. „Unsern Theo isch doch gut. Der hott schun de Netzer nausg’schtellt“, lobten sie ihn einst beim FV 09.

In Hockenheim ging’s bisweilen ganz heiß her - auf dem Platz und hinter der Barriere. In Rage wegen des vermeintlich unfairen Fußballvolks dort geriet als Zuschauer auch mal Hubert Leibold, inzwischen mit weit über 50 Jahren Erfahrung am runden Leder so etwas wie Methusalem der deutschen Ballwarte. Als ein einheimischer Betrachter in der Rennstadt den „Stutz“ ein paar Takte in die Ohrwascherln getönt hatte, schien sich ein Faustkampf zu entwickeln. Gerade noch rechtzeitig hielt Leibold indessen seine Hände in Hab-acht-Stellung: Sein Kontrahent war immerhin Adolf Brandenburger, der 1960 zum deutschen Amateur-Schwergewichtsmeister im Boxen gekürt worden war. Der bullige Polizeibeamte, der einst mit bisweilen unkonventionellen Mitteln sein Revier im Mannheimer Jungbusch peinlich sauber gehalten hatte, rühmte etliche Jahre später noch das Dynamit in seinen Fäusten: „Wenn moi Reschde rischtich trifft, fällt jeder Ochs’ um“, hatte er von sich gegeben.

Der Versuch, Ereignisse und Erlebnisse und Ergebnisse beim FC Germania Forst einigermaßen lebhaft zu schildern, hier und da auch ein sprachliches Bild zu verwenden, erzielte nicht immer ungeteilten Beifall – sei’s bei Betroffenen oder vor einer Veröffentlichung auch bei diversen Zeitungsleuten. So trafen Forster Stürmer bei einem Trainingsmatch unter Flutlicht mit ihren Schüssen ungewöhnlich oft die Latte, etwa sechs- oder sieben Mal. An einer literarisch klingenden Einleitung des Spielberichts mit „Holzwurm in der Nacht, wer hat dich um den Schlaf gebracht?“ fand man in Bruchsal keinen Gefallen und strich den Reim. Die Vorstandschaft des FV 08 Hockenheim wiederum beschwerte sich im November 1969 bitter, Ausführungen in der Bruchsaler Rundschau über den Vergleich zwischen Hockenheim und Forst könnten „das Renommee eines Vereins erheblich gefährden“. Dabei hatte der Schreiber aus Forst lediglich versucht, die ungewöhnlichen Härtegrade einiger Hockenheimer Balltreter mit einem Vergleich aus dem Boxsport zu charakterisieren: „Dann betrat Gottlieb den Ring“, lautete seinerzeit die Umschreibung von der Einwechslung eines besonders kernigen Burschen. „Sie sollten versuchen, Kriminalromane zu schreiben“, riet mir die Vorstandschaft des FV 08 Hockenheim. Geschafft habe ich es bisher noch nicht, einen solch frommen Wunsch in die Tat umzusetzen. Nichtsdestoweniger haben etliche Jahre auf Tuchfühlung mit dem Forster Fußball in der ersten Amateurliga bleibende Eindrücke hinterlassen. Und die Gewissheit, dass so manche glorreichen Zeiten die ein Jahrhundert alten Germania-Annalen besonders schmücken.

Gernot Otto

Germania

Links: Zeitungskarikatur Saison 1965/66 nach der Partie FC Germania Forst – FV Weinheim (0:2)

Luft

Adolf Luft – der Scholle verbunden

In früheren Zeiten war’s an Forster Stammtischen ein beliebtes Rätselraten, das nicht selten gar in Zank ausartete, wer in der Ortsgeschichte als der alles überragende Fußballer zu bezeichnen sei. Der Karl Veith wurde hierbei von Vertretern jener älteren Generation häufig genannt, welche den Pionier des Germania-Kicks an dessen epochaler Tat maßen: Der Veithe Karl hatte 1909 das erste Tor der Clubgeschichte geschossen. Und von der Mittellinie aus soll er die Kugel ins gegnerische Gehäuse gewuchtet haben. Mit den Jahren wuchs die Entfernung vom Abschuss- bis zum Einschlagsort des Leders ganz beträchtlich.

Lange Zeit verkörperte denn Oswald Pfahler jenen Typus an Forster Fußball-Experten, welcher das hohe Lied von unabdingbarer Kampfkraft und knochenharten Einsatz sang. „Gras müssen sie fressen“, so hatte der „Ossler“ häufig genug die für ihn entscheidenden Vorzüge leistungsstarker Balltreter beschrieben. Und zu denjenigen Aspiranten, die am Heuweg zu Lebzeiten bereits den kleinen Schimmer eines Heldenscheines ums Haupt gewunden bekamen, zählte auch Norbert Burger. Der robuste Keeper aus der Epoche vor und nach dem Kriege, zugleich leidenschaftliche Binokel-Spieler zu Zeiten, da die „Krone“ so etwas wie Hochburg jenes Kartenspiels war, gehörte mit zur Creme des badischen Kicks. In Brötzingen bei den „Germanen“ schwärmen ältere Semester noch heute vom „Tiger aus dem Brötzinger Tal“. Und manch einer aus Forster Landen schwört nach wie vor Stein und Bein darauf, der „Nobbel“ habe beim Herberger nur deshalb keine Chance für höhere Aufgaben erhalten, weil er bei einem Lehrgang des Reichtrainers durch Hans Jakob, den Regensburger Nationalkeeper, nach durchzechter Nacht verpfiffen worden sei.

Ein Spieler gilt nach dessen Großtaten über fast zwei Jahrzehnte im Germania-Trikot mittlerweile indessen eindeutig und wohl auch unstrittig als bester Forster Fußballer aller Zeiten – Adolf Luft. An die 800 Spiele bestritt er für den FC Germania. Angefangen mit neun Jahren als Torhüter in der Jugend, dann als Rechtsaußen und letztlich, nachdem der alte Haudegen Egon Herbstrith 1958 als Mittelläufer abgedankt hatte, auf dessen bis dahin angestammten Position. Ein 1975 in Feudenheim erlittener Schien- und Wadenbeinbruch leitete Lufts Ende einer beispiellosen Karriere ein. Mit einem kurzen Intermezzo 1976 war dann für den damals 37-Jährigen endgültig der Abschied aus der Aktivität gekommen.

Welche sportlichen Meriten schmücken nicht den im Jubiläumsjahr 70 Jahre werdenden Vollblutkicker. An vier Meistertiteln hatte er erheblichen Anteil: 1957/58 als A-Klassen-Champion, 1962/63 als Meister der zweiten Amateurliga und Aufsteiger in die erste AL. Und in der höchsten badischen Amateurklasse ragen für den „Addel“ naturgemäß die beiden Titel 1966 und 1969 heraus – verbunden mit dem unvergesslichen Szenario rund um den Aufstieg in den bezahlten Fußball. Als die „Germanen“ nur knapp am FC Villingen sowie drei Jahre darauf am VfR Heilbronn gescheitert waren.

Kapitän der Meistermannschaften war er längst geworden. Und den badischen Amateurfußball repräsentierte der Forster wie kein Zweiter nach dem Kriege - durch herausragende Leistungen, mit denen er nach 68 BFV-Einsätzen zum Rekordspieler des Verbandes avancierte. Noch weit vor dem Birkenfelder Amateur-Nationalcrack Horst Kunzmann, der im gelb-roten Trikot nur 56 Mal zum Einsatz gekommen war.

Gerne hätte Luft 1973 die Zahl seiner Berufungen auf deren 70 geschraubt. Doch ausgerechnet, als zu jener Zeit in Bruchsal ein Match gegen Württemberg anstand, bootete der damalige Verbandtrainer Pal Csernai den „Germanen“ aus und zog jenem den langen KSC-ler Jürgen Weidlandt vor.

In der badischen Auswahl freilich hatte der gelernte Zimmermann, der sich 1964 auf Schöneck zum Sportlehrer umschulen ließ, bis dahin ausnehmend große, wohl riechende Duftmarken gesetzt. Dreimal war er mit Nordbaden deutscher Amateurmeister geworden, einmal Vizemeister. Der mehrwöchige Trip mit der von Burkard Pape betreuten BFV-Equipe in die USA am Beginn der 60er Jahre bedeutet für Adolf Luft ebenso einen Höhepunkt dessen Vita wie sich anschließende Spiele gegen namhafte Kicker und Clubs. Da hießen seine Gegenspieler unter anderem Karl-Heinz Schnellinger und Hans Schäfer vom 1. FC Köln oder hernach Günter Netzer, Ludwig Müller, Berti Vogts etc. beim Auftritt von Borussia Mönchengladbach 1969 im Heuwegstadion. Und als der Forster 1963 ins erweiterte Aufgebot der DFB-Amateure berufen worden war, hießen seine Mitstreiter unter anderem Sepp Maier, Wolfgang Overath, Harald Braner oder Bubi Hönig.

Seine viel beachteten Auftritte in der großen weiten Fußballwelt hatten Luft – was nicht ausbleiben konnte – für so manchen Profiverein begehrt gemacht. Der SV Waldhof warb heftig um den Blondschopf. Funktionäre der Blau-Schwarzen vermochten ihn freilich ebenso wenig zum Trikot- und Vereinswechsel zu animieren wie später der 1. FC Pforzheim: 150 Mark im Monat gab’s seinerzeit als Grundgehalt auf dem Waldhof. Bei den Pforzheimern befand sich da schon weit mehr Bares im Spiel und auf dem Tisch in Lufts Wohnung.

1961 streifte Adolf Luft in Feudenheim erstmals den BFV-Dress gegen Luxemburg über. Und am 1. Februar 1975 schloss sich an gleicher Stelle der Kreis einer erfolgreichen Karriere, als der Forster Abwehrcrack im Punktspiel gegen den ASV Feudenheim eine schwere Verletzung davontrug. Während zwei Jahrzehnten empfindet er die Epoche in der ersten Amateurliga als besonders süß innerhalb seiner Reminiszenzen. Aus jener Zeit schätzte er besonders zwei Mitspieler: den aus Weiher stammenden Kurt Händel („eine tragend Säule unseres Spiels“) sowie den von Oberhausen ins Heuwegstadion gewechselten Stefan Tagscherer („ein kraftvoller Spieler mit unbändigem Willen“). Und aus der Vielzahl von Vereinen, mit denen Forst damals die Kräfte maß, erschienen dem 70-Jährigen vor allem die Plätze in Kirchheim und Hockenheim als besonders heiße Pflaster.

Nach Abschluss seiner aktiven Laufbahn begnügte der Sportlehrer sich keinesfalls damit, seine Großtaten womöglich via Stammtisch-Gesprächen der staunenden Nachwelt zum Besten zu geben. Adolf Luft, der in Forst so nebenbei auch 100-m-Ortsmeister mit einer Bestzeit von 11,6 sowie im Weitsprung mit 6,42 m geworden war, blieb weiter im Dienst des FC Germania und übernahm über zwei Jahrzehnte lang Verantwortung im Gemeinderat. Im Heuweg- und Waldseestadion führte er etliche Jahre die Vereinsgaststätte. Und er war mit fester Hand zur Stelle, als es galt, den Trainingsplatz zu roden. Um hernach auf diesem Terrain längere Zeit seinen großen Erfahrungsschatz, seine unverwechselbare Methodik als Nachwuchstrainer jenen weiter zu vermitteln, die in die Fußstapfen des Übungsleiters treten wollten.

„Der Verein hat mir viel bedeutet. Vor allem, weil man da Kameradschaft erlebt und gepflegt hat“, kennzeichnet er seine persönliche Verbindung zum Jubiläumsverein. Dass der FC Germania über etliche Jahre als weit hin glänzendes Aushängeschild nicht nur der Gemeinde und des Kreises, sondern des gesamten badischen Landes funkelte, erfüllt den nordbadischen Rekord-Repräsentativspieler naturgemäß auch mit einer gehörigen Prise Stolz. Dass während seiner Glanzzeit die „Germanen“ nicht den ganz großen Satz in den bezahlten Fußball schafften, „war für den Verein besser“, so Lufts Wertung in dessen Rückschau. „Gelände und Struktur waren doch gar nicht auf ein solches Abenteuer eingerichtet“, gibt er zu bedenken. Als angenehmer erachtet Adolf Luft da schon die atmosphärische Komponente, welche seine tiefe Verwurzelung mit dem FC Germania vorangetrieben gehabt hätte: „Wir hatten ein Gerippe aus den eigenen Reihen dabei. In allen Mannschaften stand da die Kameradschaft im Vordergrund“.

                   Gernot Otto

[FC Germ. Forst] [Geschichte] [Festbücher] [Mannschaften FC Forst] [Zeitungsberichte Jahr 1960-67] [Jahr 1986 - 2003] [Bilder] [Zeitungsberichte] [Freizeitsport] [Notizbuch Schneider Friedel] [Chronik] [Vorstände FC Germ. Forst] [Spiel Bayern München] [Gernot Otto] [Software]